7. Internationale Bürgermeister/innen Konferenz NOW

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German

Lokalpolitiker/innen, Expert/innen und junge Menschen engagieren sich gemeinsam für sozialen Zusammenhalt

Wien – Gesellschaftliche Spannungen und drohende Spaltungen machen Städten und Gemeinden zunehmend zu schaffen. Bürgermeister/innen geraten dabei weltweit unter Druck. Auf der 7. Internationalen Bürgermeister/innen-Konferenz NOW treffen sich am 17. und 18. Februar über 220 Teilnehmer/innen aus 30 Ländern. Bürgermeister/innen, junge Menschen und Expert/innen tauschen sich über Ideen und Initiativen aus, um den sozialen Zusammenhalt auf lokaler Ebene zu stärken. Die Konferenz mit dem Fokus „Raum für Begegnung – Spaltung überwinden” wurde von Act.Now in Kooperation mit der Stadt Wien, vertreten durch Mag. Jürgen Czernohorszky (Stadtrat für Bildung, Integration, Jugend und Personal), organisiert.

In herausfordernden Zeiten ist der Austausch zwischen Menschen unterschiedlicher sozialer, kultureller und religiöser Herkunft wichtiger denn je. Die NOW Konferenz bietet den Raum der Begegnung für Lokalpolitiker/innen, Jugendliche und Expert/innen aus Europa, dem Nahen Osten und der Türkei. Die Teilnehmer/innen suchen gemeinsam nach Lösungen wie das Miteinander auf lokaler Ebene gestärkt werden kann. Zwanzig inspirierende Vorzeigeprojekte und engagierte Kurzvorträge zu Gemeinde-Projekten, sowie 24 Workshops, die zur Umsetzung in der Praxis motivieren, stehen ebenfalls auf dem Programm.

Die zweitägige Konferenz steht unter dem Ehrenschutz von Bundespräsident Dr. Alexander Van der Bellen. Sie wurde von Mag.a Doris Schmidauer und Act.Now-Mitgründer André Heller eröffnet. „Wir sind überzeugt, dass die junge Generation der Schlüssel zur Gestaltung der Zukunft ist. Ich bin persönlich tief berührt, so viele junge Teilnehmer/innen zu sehen”, sagte der Multimedia-Künstler zum Auftakt: „Es liegt an uns, das zu ändern, was sich für uns und unseren Planeten nicht richtig anfühlt.”

Bürgermeister/innen unter Druck

Persönliche Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen gehören mittlerweile vielerorts zum Alltag von Bürgermeister/innen. Beim „Mayors Talk” auf der NOW Konferenz berichten Lokalpolitiker/innen aus Deutschland, Italien, Slowenien und Libanon von ihren Erfahrungen – von ethnischen Konflikten, Rechtspopulismus und Hassreden. Sie berichten was sie künftig in ihrem Alltag gerne verändern möchten und wie sie dabei unterstützt werden können.

Das langjährige Engagement des ehemaligen deutschen Landrats Tjark Bartels bei der Integration von Geflüchteten und sein Einsatz für die Errichtung eines Lernorts an einem der größten ehemaligen Aufmarsch-Orte der Nazis stießen auf Widerstand. Als durch eine fatale Fehleinschätzung im Jugendamt, ein Kind Opfer eines Sexualverbrechens wurde, erhielt er als Behördenchef Todesdrohungen. „Die Grenze des Erträglichen wird überschritten, wenn die persönliche Integrität verletzt ist.”, so Bartels. Gegen die Hassredner in den sozialen Medien vorzugehen sei wichtig. Doch genauso zentral ist Solidarität, um die Wirkungsmacht der Verleumdungen zu brechen. „Doch aus Angst selbst in den Fokus zu geraten, fehlt vielen der Mut sich zu solidarisieren“, weiß Bartels aus Erfahrung.

Auch Isabella Conti, Bürgermeisterin von San Lazzaro di Savena in Norditalien, kennt Anfeindungen nur zu gut. Als sie eine beschlagnahmte, leerstehende Mafia-Villa als Unterkunft für Geflüchtete nützte, erreichten die Attacken von Lega-Sympathisanten und Rechtsextremen auf Social Media eine neue Dimension. „Die wahre Herausforderung ist es, der einheimischen Bevölkerung die Ängste gegenüber allem Fremden zu nehmen”, erklärte Conti, „und ihnen klar zu machen, dass der Weg nur über Einbindung und Aufnahme und nicht über Ablehnung und Isolation stattfinden kann.”

Igor Marentič, Bürgermeister der slowenischen Stadt Postojna, hat erlebt, wie schwierig ein Wahlkampf wird, wenn Gegner via Medien und Social Media Unwahrheiten streuen: Sachthemen gehen unter und die Belastung – auch für die Familie – ist kaum erträglich. „Besonders stark ist der Druck, wenn Lügen verbreitet werden und man nichts dagegen unternehmen kann. Hier setzen sich immer die Lautesten durch”, sagte Marentič.

Mohammad Saadie, Präsident mehrerer Gemeinden im Nordlibanon hat sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben und sich damit eine ganze Reihe politischer Feinde gemacht. Transparenz in einem Land mit mehr als 30 Parteien voranzutreiben, das derzeit noch dazu in einer tiefen Wirtschafts- und Polit Krise steckt, ist kein leichtes Unterfangen. Aber Saadie ist überzeugt: „Jede Bewohnerin und jeder Bewohner muss wissen, was mit den öffentlichen Geldern passiert.” Daher laufen in seinen Gemeinden die kommunalen Entscheidungsprozesse transparent ab – inklusive Live-Übertragungen von Gemeinderatssitzungen und detaillierter Auflistung sämtlicher Ausgaben.

Vielfalt in der Gesellschaft stärken

Gerade Gemeinden spielen eine Schlüsselrolle bei der Förderung von sozialem Zusammenhalt und bei der Überwindung von Spaltung. Daher legen die jährlichen NOW Konferenzen ihren Fokus auf gelingendes Zusammenleben auf lokaler Ebene. „Genau da treffen unterschiedliche Menschen aufeinander. Und hier treten oft Konflikte auf”, analysierte die Forscherin Regina Arant von der Jacobs Universität Bremen. „In Gemeinden, in denen der soziale Zusammenhalt groß ist, sind die Menschen glücklicher. Und die Akzeptanz von Vielfalt hat daran einen wesentlichen Anteil”, so die Kernaussage von Arants aktueller Vielfalts-Studie.

Weitere Informationen

Fotos von den Konferenztagen
Credit: Act.Now / Jacqueline Godany

Über Act.Now

Zusammenarbeit fördern, grenzüberschreitend und über alle Generationen hinweg denken, entwickeln und engagiert handeln – zur Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Wir vernetzen neue, zivilgesellschaftliche Initiativen, NGOs, Institutionen, öffentliche Einrichtungen und Expert/innen auf nationaler und internationaler Ebene. 2016 fand dazu die erste Internationale Bürgermeister/innen-Konferenz NOW in Wien statt.

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